Zurück zum Blog Auch das noch! 24.02.2018 - Artikel von Lukas

Anfang Februar machte eine Horrormeldung bei den deutschen Nachrichtendiensten die Runde. Der Bierkonsum sank in Deutschland im vergangenen Jahr auf ein Rekordtief. So wurde seit der deutschen Wiedervereinigung noch nie so wenig Bier getrunken wie im Jahr 2017. Während die AfD-Politiker sich seitdem fragen dürften, wie man dies den Flüchtlingen in die Schuhe schieben könnte, fragen wir uns, wie dieser Wert einzuordnen ist. Hier nun also unser bescheidener Versuch.

Wer sich in den letzten Jahren bereits mit den Absatzzahlen der deutschen Brauereien beschäftigt hat (Ich glaube nicht wirklich, dass hier allzu viele Leute dieser Sorte gibt, aber ich fand die Formulierung ganz schön), dürfte wissen, dass dieser „Tiefpunkt“ sich angebahnt hat. So sinkt der Pro-Kopf-Verbrauch an Bier in Deutschland bereits seitdem Jahr 2012 kontinuierlich, was aus dem Statistikreport der europäischen Brauer von 2016 hervorgeht (Leider die aktuellste Version, die ich finden konnte). Zwar war der Sprung von 96 Mio. HL (2016) auf 93,5 Mio. HL ein recht großer Einbruch, nachdem sich die Zahlen in den letzten Jahren ein wenig stabilisiert hatten, aber ein genereller Trend war schon zuvor zu erkennen.

Aber hier schon mal eine gute Nachricht für alle, die etwas nationalistischer unterwegs sind: Dieses Phänomen beschränkt sich nicht nur auf Deutschland. Auch in anderen, eigentlich konsumstarken Nationen wie Belgien, Tschechien, Österreich und Großbritannien stieg der Verbrauch in den letzten Jahren nicht. Und dieser Trend beschränkt sich auch nicht nur auf die EU, wie die Zeitschrift „Meiningers Craft“ in ihrer ersten Ausgabe im Jahr 2018 berichtete. So sank die Bierproduktion im Jahr 2016 weltweit um 0,2%. Klingt zunächst mal nicht so bedeutend, aber das sind in absoluten Zahlen immerhin 3,5 Millionen Hektoliter. Erleben wir also gerade den Anfang vom Ende unseres Lieblingsgetränkes?

Wir finden, dass eher das Gegenteil der Fall ist. Denn im Gegensatz zu den Verbrauchszahlen stieg die Anzahl der Brauereien in den oben genannten Ländern deutlich. Ein besonders prägnantes Beispiel dafür ist Großbritannien. Hier gab es 2010 nur noch 828 eigenständige Brauereien. 2015 waren es allerdings unglaubliche 1880 Brauereien. Auch in Deutschland zeigte sich eine ähnliche, wenn auch nicht ganz so explosive Entwicklung. Hier stieg die Anzahl von 1340 (2012) auf 1388 (2015). Während der Bierverbrauch also immer weiter sinkt, steigt die Anzahl der Brauereien. Daran zeigt sich, dass der Bierkonsum in Deutschland sich nicht zum Schlechteren sondern zum Besseren verändert. Denn hier wird deutlich, dass eine größere Angebotsvielfalt auf dem Markt entsteht. Schließlich sorgt eine größere Anzahl von Brauereien auch dafür, dass es auf dem Markt eine größere Auswahl an Bier gibt. Eine Auswahl, welche die Kunden zu honorieren scheinen. So stiegen die Absatzzahlen von Bierspezialitäten in den letzten Jahren kontinuierlich, was „Meiningers Craft“ schon in der vierten Ausgabe vom Jahr 2017 mit Zahlen belegte. Da diese Spezialitäten nicht immer unbedingt den Geldbeutel schonen, ist auch verständlich, dass der absolute Verbrauch an Bier dadurch nicht wirklich steigt. Aber müssen wir uns nun Sorgen um die etablierten, traditionsreichen Brauereien Deutschlands machen?

Neeee! Schließlich verdrängen die neuen Bierspezialitäten ja selten die schon vorhandenen Biere aus den Getränke- und Supermärkten. Sie bieten dem Kunden einfach eine größere Wahlmöglichkeit. Natürlich kann man stolz sein, auf die kontinuierliche Qualität des Bieres, welches von den traditionsreichen Brauereien in Deutschland hergestellt wird. Aber diese nimmt ja nicht ab, nur weil es plötzlich ein paar mehr Produkte im Schaufenster gibt. Außerdem verbietet ja auch niemand den etablierten Playern ihre eigenen Spezialitäten zu entwickeln und so an dem gesteigerten Interesse der Kunden an individuelleren Bieren (Ich bitte diese Formulierung so neutral wie nur möglich zu verstehen) teilzuhaben. Wir, oder vielmehr ich, ich möchte ja nicht für alle sprechen, die an dieser Webseite beteiligt sind, freue mich also eher über die Entwicklung der letzten Jahre, als dass ich mir Sorgen mache.