Zurück zum Blog „Das hat mit Bier nichts mehr zu tun!“ 15.07.2016 - Artikel von Dani

Wie auch schon letztes Jahr um diese Zeit machten wir von bierpedia uns auch jetzt wieder auf, um eine Brauerei zu besichtigen. Im Gepäck – wie könnte es anders sein? – hatten wir eine Menge Wissens- und Bierdurst und natürlich unsere wunderschönen Bademäntel. Denn das ist schon fast Tradition bei uns: den jährlichen Bademanteltag mit einer Brauereibesichtigung einzuleiten und danach das warme, weiche, kuschelige Bademantelleben zu genießen! Dieses Jahr verschlug es uns ins Münsterland nach Oelde, um Pott’s die Ehre zu geben!

Sehr pünktlich um 11 Uhr wurden wir, zwar noch nicht ganz vollständig (aber von Warten hielt er wohl nichts) von einem Braumeister von Pott’s begrüßt – dem gebürtigen Bamberger Bierliebhaber Herrn Lechner. Zu allererst bekamen wir kurz die allgemeinen Informationen zur Brauerei und ihrer Produktionspalette. In der nunmehr 7. Generation seit 1769 hat das Unternehmen der Familie Pott seinen Sitz in Oelde. Mit ungefähr 48 Mitarbeitern, darunter insgesamt 9 Braumeister hat Pott’s mittlerweile einen Jahresausstoß von 50 000 Hektoliter flüssig Brot. Davon sind 2/3 das allseits bekannte Landbier, welches in den 70er Jahren als Bieralternative für die Frauen hergestellt wurde, die ein weniger herbes Bier als das Pott’s Pilsener bevorzugten. Doch nicht nur Alkoholisches stellt Pott’s her. Da das Unternehmen über einen eigenen Brunnen verfügt, gehören neben den vier Bierspezialitäten (Landbier, Pilsener, Weizenbier und und das Prinzipal) auch Mineralwasser und andere Erfrischungsgetränke zum Sortiment. Aber das nur am Rande.

Mit der Zeit wurde Pott’s langsam immer größer und die Kapazitäten im und um das Stammhaus in Oelde selbst waren sehr beschränkt. So wurde vor einigen Jahren nun die neue, ‚gläserne‘ Brauerei etwas außerhalb gebaut. Zwar wird das Jungbier immer noch aus der Innenstadt zur Fertigstellung in den neuen Teil gefahren, aber in Kürze soll dann der komplette Brau- und Gärvorgang im neuen Sitz vonstatten gehen. Das Besondere an diesem neuen Firmenstandort ist, dass die Brauerei jederzeit selbstständig und ohne Anmeldung von bierinteressierten Mitbürgern besucht werden kann. Sie ist so gestaltet, dass man überall einen Blick hinter die Kulissen werfen kann (eben ‚gläsern‘). Im Jahr nutzen dieses außergewöhnliche Angebot schätzungsweise an die 80 000 Menschen, davon nehmen ca. 12 000  an gebuchten Führungen teil – so wie wir!

Und dabei lernten wir wieder eine Menge über unser so hochgeschätztes Lieblingsgetränk! Zum Beispiel diese nicht zu unterschätzende Tatsache: „Das Auge trinkt mit!“ Ohne eine ordentliche Schaumkrone ist ein Bier nämlich kein Bier. Und dazu wird Co2 benötigt, laut Herrn Lechner das WICHTIGSTE am Bier! Ohne Kohlensäure wird aus dem erfrischenden Getränk nämlich abgestandene Plörre – und das will ja nun wirklich keiner! Außerdem erfuhren wir, dass das Bier während des Brauvorgangs immer wieder getestet werden muss, um ein konstantes Ergebnis erzielen zu können. Soweit, so klar. Aber die Braumeister verköstigen nur wohl temperiert – bei 20 Grad Celsius! Kaltes Bier geht immer runter, erklärte unser Führer. Aber nur bei einem lauwarmen Bier kommen alle Aromen und Geschmacksnoten zum Ausdruck. Ob wir uns jedoch bei unseren nächsten Proben dazu durchringen können wage ich sehr stark zu bezweifeln!

Der meist gesprochene Satz (und erschreckende Titel dieses Artikels) lautete allerdings: „Das hat mit Bier nichts mehr zu tun!“ und bedarf einer ausführlichen Erläuterung! Er kam in vielen Situationen zum Ausdruck und betraf hauptsächlich das  Bier als ‚Massenware‘. Denn Herr Lechner ist klarer Verfechter der mittelständischen und kleinen Brauereien, bei denen Bier noch Bier ist. Um dieses nämlich für längere Auslieferungswege zu wappnen (was bei großen Brauereien Gang und Gäbe ist), muss es stark gefiltert und manchmal sogar pasteurisiert (das heißt einer Kurzzeiterhitzung ausgesetzt) werden. Dabei leiden aber die vielen guten Rohstoffe, die zur Herstellung benutzt werden und das Bier ist danach nur noch „mausetote Brühe“. Das passiert bei Pott’s natürlich nicht! Da das Unternehmen hauptsächlich den lokalen Markt bedient, braucht das Bier nicht unendlich lange haltbar sein. Denn Bier kauft und trinkt man! „Man kann ja 20 Flaschen nicht auf 150 Tage aufteilen!“

Um mit den wohlhabenden großen Brauereien, die mit Geld und Werbung und günstigen Preisen (9-10€ pro Kasten – „Das hat mit Bier nichts mehr zu tun!“) viele Biertrinker auf ihre Seite ziehen, mithalten zu können, hat sich Pott’s Verschiedenes ausgedacht. Zum einen heben sie sich schon mal durch ihre berühmten kleinen Bügelfläschchen ab. Diese gehen zwar in der Herstellung mit einem höheren personellen Aufwand einher als die herkömmlichen Kronkorken, erläuterte Herr Lechner. Aber sie sind weitaus umweltfreundlicher! Aus demselben Grund wird man im Sortiment von Pott’s auch keine Einwegflaschen aus Plastik oder gar Dosen finden (Auch „Das hat mit Bier nichts mehr zu tun!“). Für Partys oder zwischendurch bieten sie noch ein kompaktes 12,5l Fässchen an, „für zwei Personen, wenn eine noch fahren muss“. Dazu kommen dann noch eine hauseigene Bäckerei, Metzgerei und das Biermuseum des Herrn Lechner, das in den Räumen der neuen Brauerei seinen Platz gefunden hat. In 57 Jahren suchte sich dieser alles zusammen, was mit Bier zu tun hat – von Werbetafeln aus Emaille über alte Brauerei-Tonkrüge hin zu Bieretiketten von sämtlichen westdeutschen Brauereien – eine bestaunenswerte Sammlung!

Nach einem künstlerisch gestalteten Film zum Thema Wasser (dem selten beachteten Hauptrohstoff bei der Bierherstellung) im kleinen Kino der Brauerei und einem finalen Rundgang durch Herrn Lechners Museum kamen wir dann endlich auch im Biergarten der Brauerei-eigenen Gaststätte an. Das Wetter war herrlich, das Essen war fürstlich, die Kellner im Stress – denn nach diesen ganzen Informationen zum Gerstensaft wollten wir ihn natürlich auch endlich selber kosten! Das konnten wir dann auch zur Genüge, auch wenn wir zwischendurch tatsächlich mal auf dem Trockenen saßen.  So wurde es später Nachmittag, als wir dann endlich in unsere Bademäntel schlüpfen und uns mit zwei Kästen Pott’s Landbier, das uns sehr gut mundete, wieder auf den Heimweg machen konnten! Seinen grandiosen Abschluss fand der Tag dann wie gehabt an der wunderschönen Seseke, wo wir die Eindrücke (bei einem kühlen Krombacher – entschuldigung!) sacken lassen konnten!

Letztendlich hat er doch eine Menge mit Bier zu tun, der internationale Bademanteltag!