Zurück zum Blog Support your local brewery 25.12.2017 - Artikel von Christoph

Der gemeine Engländer kennt den Spruch ‚Support your local Football-Team‘. Frei interpretiert heißt das: Hey Leute, ihr seid alle Fans von Arsenal, Chelsea, ManU oder City (o.k., dazwischen auch mal Leicester). Alles allen bekannte Teams mit weltweit bekannten Spielern, für die man weite Reisen in Kauf nimmt um sie live zu erleben – und die selber weite Reisen unternehmen, um viel Geld zu verdienen. Jeder kennt sie und jeder guckt sie, inzwischen auch mit viel Aufwand unterstützt in China – dabei gibt es guten, einmaligen Sport hautnah direkt vor der Haustür. Also Hintern hoch, ab ins Stadion, Leute treffen, die heimatlichen Farben unterstützen: Bratwurst und Bier, Blutgrätsche und Bänderdehnung, Abseits und Abwehrbollwerk gibt’s hier auch. So ähnlich ist es beim Bier – die großen Marken kennt jeder und nennt die eine oder andere als Lieblingsbier. Aber es ist doch auf Dauer langweilig, immer und überall die gleichen Biere zu trinken. Inzwischen gibt es eine Fülle lokaler Brauereien, die so ziemlich viel bis alles an Bieren produzieren, inklusive Craft-Biere. Warum also in die Ferne schweifen, wenn das Gute – oder zumindest die gute Abwechslung – liegt so nah?

Ein kleines Beispiel – bei einem spontanen Ausflug ins schöne Detmold mache ich mit einem Kollegen einen Abstecher auf das Gelände der Detmolder Brauerei. Unser mitgeführter Hund spielt mit einem selbigen auf dem Hof. Er gehört einer dynamischen Dame, die sich im Gespräch als Mitinhaberin der Detmolder-Brauerei entpuppt. Und ebenso spontan erklärt sich Frederike Strate zu einer kleinen Führung bereit. Und dabei kann man etwas beobachten, was der Weinliebhaber aus zahlreichen Besuchen bei Winzern kennt: Liebe zum eigenen Handwerk, Stolz auf das Produkt, Fachkenntnis, Innovation, Blick auf nationale und internationale Trends, Offenheit ohne große Etikette. Hier steht das Produkt im Vordergrund, und das ist gut so, denn die Palette ist erstaunlich vielfältig und gut: Pils, Herbes, Kellerbier, Landbier, Zwickel, Weizen, Alkoholfreies, Mixgetränke…. Dazu in Whiskeyfässern ausgebaute Biere und eine Cuvee aus Perlwein, Likör und Bier. Die Aufzählung lässt es erahnen – man hat sich wie beim Fußball in nationalen und internationalen Trends und Techniken umgeschaut und auf die heimischen Produkte angewendet, inzwischen auch mit Matthias Kliemt einen Biersommelier für die erweiterten Aufgaben verpflichtet. Für eine lokale Privatbrauerei schon ein recht großes Angebot. Vielleicht zu viel, kann man denken; andererseits ist für jeden Geschmack etwas dabei. Uns hatten es bei unterschiedlichen Geschmäckern Thusnelda (ja, neben dem ohnehin schon lokalen Bezug der Bierbenennung darf Arminius nicht fehlen, und wenn eine Brauerei in Frauenhand ist muss halt seine Thusnelda aufs Etikett) und das Kellerbier am meisten angetan. Von den etwas höherpreisigeren Produkten das Detmolder Bourbon Chardonnay und das Detmolder Royal, letzteres ein Aperitif aus Likör, Perlwein und Weizenbier, bei dem man nach dem ersten Schluck denkt: Wieso nur zur Eröffnung – der bleibt jetzt den ganzen Abend bei mir!

Wer also meint, die lokalen Brauereien seien ja ganz schön fürs Lokalkolorit, aber nicht für den Gaumen, der führe ganz einfach mal eine Blindverkostung durch: Vier Gläser, vier Biere, testen und bewerten. Und dabei mindestens zwei heimische Produkte. Dafür muss man nicht weit fahren, auch in Ostwestfalen gibt es Warburger, Barre, Liebharts, um nur ein paar zu nennen. Man wird sich vermutlich ebenso wundern wie seinerzeit beim Aufkommen der amerikanischen Weine – belächelt mit Etikett, begehrt bei der Blindverkostung.

Nun wollen wir die Analogie zum Fußball nicht überstrapazieren, aber im Vergleich zu dem Big Business kann im Brauereiwesen auch ein lokaler ‚Verein‘ nationale, ja sogar internationale Titel holen. Davon zeugen die stolz präsentierten Auszeichnungen auf den Homepages, nicht nur bei Strate’s, sondern in vielen kleinen Privatbrauereien in ganz Deutschland. Dahinter steckt Leidenschaft und v.a. viel Arbeit – die Werbespots bei Fußballübertragungen lassen erahnen, wie bretthart das Geschäft ist, erst recht für kleine Brauereien. Also ran ans heimische Glas und trinken für die Vielfalt. Die erste Liga ist näher als Du denkst.